Partnerschaftsreise 2016 - Reiseimpressionen

von Christian Pesth

12.11.16- Konfirmationsgottesdienst in Mtwango/ Ilonga eine Kirche im Aufbruch.

Eine riesige Kirche, sie ist noch im Rohbau, es riecht nach frischer Erde. Als der Pfarrer und ich, wir kamen mit dem Motorrad, die Kirche betreten, ist sie schon voll mit Konfirmanden und den Familienangehörigen. Später merke ich, es sind auch viele Täuflinge dabei. Der Fußboden ist noch ohne Estrich nur Erde und trockenes Gras. Die Betonstützen der Wände haben noch ihre Verschalung. Die mehr als 100 Konfirmanden sitzen auf Plastikstühlen und verhalten sich relativ ruhig. Aber trotzdem erfüllt ein Raunen den Kirchenraum. Die Kirche wird immer voller, viele Menschen müssen stehen, auch noch vor der Kirche.

Der Gottesdienst  beginnt mit einem Tanz einer gemischten Gruppe von Jugendlichen und Erwachsenen. Die laute Musikanlage bringt Bässe gut, die anderen Töne nicht so gut rüber. Versuche die Stimmung mit Fotos fest zu halten. Die. Predigt dauert 20 Minuten, erstaunlich kurz. Während der Taufzeremonie, der geschätzten 50 Täuflingen, spielt gedämpfte Musik und einige Frauen tanzen mit. Durch die fensterlosen Fensteröffnungen weht leichter Wind, erwärmt von der Vormittagssonne. Ein Kind schreit, etwas ungewöhnlich für Tansania.

Die dunkelroten Ziegelwände, teilweise mit Lehmmörtel gemauert und unverputzt, erscheinen riesengroß, vom estrichlosen Fußboden bis zum Blechdach. Der sichtbare Dachstuhl, wie ein Zelt überspannt er den Kirchenraum. Die Frauen waren meist in bunte Kangas gehüllt, mit eher europäischen Blusen oder schicken bunten Kleidern. Die Wände im Altarraum mit bunten Tüchern raumhoch geschmückt.

Zur Taufzeremonie und dem Segensempfang knien die Täuflinge, jeweils 25, auf den Altarstufen. Die aus lose verlegten Ziegelsteinen bestehen und mit heimischen Flechtmatten und einem Teppich von Gustav-Adolf verschönt sind. Zwei Pfarrer vollziehen die Taufe. Die Taufzeremonie ist doch namengebunden, bei 50 Täuflingen, wie soll das gehen? „Jina lako? (dein Name?)“, der Pfarrer beugt sich zum Täufling herunter, stellt diese Frage, hört die leise geflüsterte Antwort und die Taufe kann vollzogen werden.

Meine europäische Spiritualität meldet sich. Ich vermisse die persönliche Zuwendung des Pfarrers  zu den einzelnen Täuflingen, alles wirkt sehr routiniert. Versuche meine persönlichen Vorstellungen weg zu schieben und nur aufzunehmen, hinzusehen und hinzuhören. Es ist etwas anderes was mich fasziniert, es ist die Aufbruchsstimmung, der Geruch von frischer Erde, die unverputzten Wände, die Fensteröffnungen ohne Fenster, der hohe offene Dachstuhl mit dem sichtbaren Blechdach, die Lautsprecheranlage mit den leisen Tönen während der Taufe, die bei aller Routine und Sachlichkeit, doch so ernsten Jugendlichen.

Bei aller Hektik bekommt doch jeder Täufling seine Taufurkunde und die Gruppe der 25 Getauften geht im Tanzschritt wieder auf ihre Plätze.

Zwischen Taufe und Konfirmation gibt es wieder Lieder und Tanz in den Bankreihen.

Alle 100 festlich gekleideten Konfirmanden stehen dann im Altarraum, knien in Gruppen zu 25 zur Einsegnung vor dem Altar und gehen dann an den Gemeindehonoratioren vorbei, die ihnen gratulieren. Zum Konfirmandenversprechen drehen sich alle 100 Konfirmanden zur Gemeinde die das Versprechen mit großem Applaus annimmt.

Noch einmal gibt es Bewegung in der Kirche, wenn alle zum Abendmahl gehen. Das von verschiedenen Chören begleitet wird und in den scheinbaren Pausen fängt irgendwer an zu singen und die ganze Gemeinde fällt ein.

Waren es zwei, zweieinhalb oder noch mehr Stunden, ich weiß es nicht mehr. Es war anders als in der Gustav-Adolf-Kirche in München. Wie anders, schwer zu sagen. Nicht fremd, irgendwie auch  heimisch. Wenn ich jetzt, nach drei Monaten,  die Fotografien anschaue spüre ich wieder den warmen Vormittagswind von Ilonga, nehme den erdigen Geruch der Kirch wahr und höre den vollen Klang der Lieder.

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© Stefan Pesth